Rede von Botschafter Valtteri Hirvonen anlässlich des 106. Nationalfeiertags Finnlands

Der Botschafter Finnlands in der Schweiz und in Liechtenstein, Valtteri Hirvonen und seine Frau Katrina Färm-Hirvonen, haben in Bern einen Empfang zum finnischen Unabhängigkeitstag gegeben.

Botschafter Valtteri Hirvonen
Botschafter Valtteri Hirvonen

Hyvät suomalaiset ja Suomen ystävät,
lämpimästi tervetuloa itsenäisyyspäivän vastaanotolle täällä Bernissä!

Kära finländare och vänner till Finland,
ett varmt välkomnande till självständighetsdagens mottagning här i Bern!

Exzellenzen, Sehr geehrte Vertreter der Schweizerischen Eidgenossenschaft, des Kantons Bern und aus Schweizer Gemeinden, Meine Damen und Herren, liebe Finnen und Freunde Finnlands,

Es ist mir eine ausserordentlich große Freude und Ehre, Sie alle heute in so grosser Zahl hier zum Unabhängigkeitstag Finnlands begrüssen zu können.

Der Unabhängigkeitstag ist ein emotionaler Tag für alle Finnen. Heute gedenken wir denen, die unser Land mit der Waffe in der Hand verteidigt haben und auch denen, die unser Land in Friedenszeiten aufgebaut haben und uns allen ein besseres Leben ermöglicht haben.

Leider ist das vergangene Jahr geprägt von Krieg, Terrorismus und Gewalt, und es ist kein Ende in Sicht. Diese Themen haben dieses jahr die finnische Innen- und Aussenpolitik geprägt.

Obwohl wir jetzt in Finland einen nationalen Feiertag begehen, verfolgen wir schweren Herzens den heroischen Abwehrkampf des ukrainischen Volkes gegen den brutalen Agressor Russland, das die Ukraine am 24. Februar 2022 unprovoziert überfallen hat.

Die Ukraine bezahlt bei Ihrem Abwehrkampf einen hohen Preis, aber Ihr Kampf inspiriert uns alle, die wir sehen, dass man für die Freiheit eintreten muss und gibt uns allen neuen Mut, Aggressoren die Stirn zu bieten. Da wir Finnen uns auch gegen russische Invasoren verteidigen mussten, sind wir Finnen heute in der Lage, uns in die Gefühlslage der Ukrainer hineinzuversetzen. Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache.

Winston Churchill sagte in seiner vom Radio übertragenen Rede am 20 Januar 1940 über Finnlands Abwehrkampf gegen die Sowjetunion:

Only Finland-superb, nay, sublime-in the jaws of peril-Finland shows what free men can do. The service rendered by Finland to mankind is magnificent….We cannot tell what the fate of Finland may be, but no more mournful spectacle could be presented to what is left to civilized mankind than that this splendid Northern race should be at last worn down and reduced to servitude worse than death by the dull brutish force of overwhelming numbers. If the light of freedom which still burns so brightly in the frozen North should be finally quenched, it might well herald a return to the Dark Ages, when every vestige of human progress during two thousand years would be engulfed.

Jedes dieser Worte von Churchill trift heute auch exakt auf die Ukraine zu: Die Ukraine zeigt uns, wozu freie Menschen in der Lage sind!

Wie die gesamte internationale Gemeinschaft trägt auch Finnland die Lasten der russischen Invasion und wir werden der Ukraine so lange beistehen und sie unterstützen wie nötig. Wir denken vielleicht nicht oft genug an den schrecklichen Preis, den die Ukrainer jeden Tag zahlen, wenn sie für ihre Freiheit und gleichzeitig für uns alle kämpfen.

Jeder Krieg ist ein Albtraum. Aber die Unterstützung der Ukraine ist für uns keine Option. Sie ist Teil der Schulpflicht.

Der rechtmäßige Platz der Ukraine ist in der NATO. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, der das Recht hat, seine eigenen Sicherheitsvereinbarungen zu treffen.

In dieser Hinsicht ist es sehr begrüssenswert und wertvoll, sogar selbstverständlich, dass die Schweiz auch alle gegen Russland gerichteten Sanktionen der Europäischen Union übernommen hat.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und der damit verbundenen radikalen Änderung des europäischen Sicherheitsumfeldes haben Finnland und Schweden beschlossen, der NATO beizutreten. Finnlands Beitritt im April dieses Jahres ist ein Meilenstein in der Geschichte unseres Landes und heute können wir zum ersten Mal unseren Unabhängigkeitstag als Bündnispartner der NATO feiern. Um NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu zitieren: Mit der Mitgliedschaft in der NATO ist Finnland sicherer und das Bündnis stärker. Trotzdem ist die Mitgliedschaft Finnlands in der NATO ohne Schweden nicht vollständig. Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass der NATO-Beitritt Schwedens so bald wie möglich zustandekommt. Auch als NATO-Mitglied wird Finnland die Hauptverantwortung für die Verteidigung des Landes haben und wir warden auch unseren eigenen Beitrag zur Verteidigung unserer Verbündeten wahrnehmen.

Zusätzlich zur NATO-Mitgliedschaft hat Finnland dieses Jahr mit den Vereinigten Staaten ein bilaterales Verteidungsabkommen ausgehandelt, dass letzte Woche vom aussen-und sicherheitspolitischen Ausschuss befürwortet wurde und jetzt im Ratifizierungsprozess im Parlament ist. Finnland und die USA werden damit auch bilaterale militärische Verbündete.

Die Bedeutung der Europäischen Union für Finnland wird mit einer kommenden NATO-Mitgliedschaft nicht abnehmen, sondern komplementär sein. Die Mitgliedschaft in der EU ist für Finnland sowohl in politischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht von zentraler Bedeutung.

Die russische hybride Kriegsführung gegen Finnland, die in den letzten Wochen zur Schleusung von illegalen Immigranten von Russland zur finnischen Grenze führte, hat uns veranlasst, alle Grenzübergänge nach Russland temporär zu schliessen. Damit sichern wir unsere Landesgrenze sowie die Aussengrenze der EU und des Schengenraums. Die Europäische Union und Ihre Mitgliedsländer haben Finnland ihre volle Solidarität zugesichert und Frontex hat 50 Beamte zur Hilfe der Finnischen Grenztruppen geschickt.

Dass die Europäische Union und die Schweiz jetzt im diesen Herbst in einem Paket die gemeinsamen Eckpfeiler für die Verhandlungen um unsere künftigen Beziehungen abgesteckt haben, ist mehr als erfreulich und lässt uns zuversichtlich sein, dass wir diese erfolgreich abschliessen können.

Wir begrüßen auch das am 8. November veröffentlichte EU-Erweiterungspaket. Es ist erfreulich, dass so viele Menschen in ganz Europa ihr Land als Mitglied der EU, einer Union der Demokratien, sehen wollen.

Im Nahen Osten verurteilen wir den feigen Terrorangriff der Hamas. Israel hat wie jeder andere Staat das Recht und die Pflicht, sich und seine Existenz zu verteidigen. Diplomatische Bemühungen sind jetzt besonders wichtig. Eine  Eskalation des Konflikts muss verhindert werden. Der nachhaltige Weg zur Beendigung des israelisch-palästinensischen Konflikts ist eine verhandelte Zweistaatenlösung auf Basis der Grenzen von 1967.

 

Meine Damen und Herren,

Schliesslich möchte ich, wie schon letztes Jahr, zum Ausdruck bringen, wie nah sich Schweizer und Finnen heute sind. Unsere Wurzeln sind tief verwachsen.

Meine Frau und ich haben schon sehr viel Gastfreundschaft und schweizerische Herzenswärme erlebt. Das ist nicht selbstverständlich, sondern es ist Ausdruck der hervorragenden Beziehungen zwischen den Menschen in unseren Ländern. Finnen verlieren selten viele Worte, aber gerade heute fällt es mir sehr leicht. Wir Finnen kommen gerne in die Schweiz – und immer auch, um zu lernen. Wir spüren eine ganz besondere Zugewandtheit und Offenheit, mit der Sie und Ihre Landsleute uns Finnen begegnen – dafür sind wir Ihnen sehr dankbar, und wir wollen sie gern erwidern.

Schliesslich möchte ich auch noch ergänzend erwähnen, wie gut die Beziehungen zwischen Finnland und Liechtenstein sind: problemlos, warm und in jeder Beziehung vorbildlich. So wird es auch in Zukunft sein.

In diesem Sinne danke ich Ihnen noch einmal recht herzlich für ihr kommen und wünsche Ihnen einen angenehmen und fröhlichen Abend.

Zum Wohl! Kippis! Skål!